In den ersten neun Monaten im Mutterleib entwickeln wir uns ganz automatisch zu einem wunderbaren menschlichen Wesen. Es gibt niemand in unserer materiellen Welt, der diesen Prozess steuert. Es passiert einfach. Nach der Geburt erfahren wir Anerkennung für jeden kleinen Fortschritt in unserer Entwicklung. Das erste bewusste Lächeln des Babys wird mit großer Begeisterung der Eltern quittiert. Das Krabbeln, das Laufen und die ersten Worte finden zumeist große Anerkennung in der Familie.
Wird das Kind älter, wird es ganz oft nicht mehr über Anerkennung in seiner Entwicklung angeleitet, sondern über das ‚ÄûFehlermodell‚Äú. Spätestens in der Schule, häufig aber auch schon im Kindergarten ist das Ziel des Handelns Fehler zu vermeiden, da sie automatisch zum Entzug der Anerkennung führen. Schlechte Noten und ihre Folgen erziehen uns möglichst Fehler zu vermeiden.
Dies schränkt unser Handeln ein. Wir trauen uns nicht mehr auszuprobieren, was funktioniert und was nicht oder was kann ich verändern, damit, das was vorher nicht funktioniert hat nun funktionieren kann. Der Schmerz, den wir spüren bei der Rückmeldung einen Fehler gemacht zu haben ist so unangenehm, dass wir ihn zukünftig möglichst vermeiden wollen und lieber der von Außen verlangten Anpassung nachgeben.
Im Laufe vieler Jahre während derer wir in diesem Verhaltensmuster verharrt haben hat unser System die vermeintlich schmerzhaften Grenzen gespeichert und angenommen.
In diesen Fällen tritt der Zweifel in unser Leben, denn es gibt ja nicht nur ein richtig und ein falsch. Die verschiedenen Maßstäbe, derer wir uns versuchen anzupassen stimmen in vielen Dingen meist nicht überein. Der Maßstab, den z.B. mein Arbeitgeber vertritt widerspricht dem, auf dessen Hintergrund ich erzogen wurde usw.
Diese Widersprüche verursachen zunächst eine innere Zerrissenheit in uns. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Lassen wir es zu, dass diese innere Zerrissenheit über Jahre in uns arbeitet, laufen wir Gefahr daran zu zerbrechen.
Begreifen wir diese Situation jedoch als Herausforderung für uns selbst, können wir daran wachsen und auf wunderbare Weise den Weg zu uns selbst und unserer inneren Stimme finden.
Wir hatten „vergessen“ den Impulsen zu folgen, die uns aus unserer Mitte geschickt wurden. D.h. wir vertrauten nicht mehr auf unsere Intuition und unsere innere Stimme oder mehr noch, wir glaubten gar nicht daran, dass es so etwas gibt. Einige Jahre kann dieses Lebenskonzept funktionieren, doch wenn wir versuchen unsere innere Stimme ein Leben lang zu negieren, dann scheitert dieser Versuch allermeistens.
Wir sind geboren, um das zu leben was in uns steckt und nicht um eine Kopie unseres Nachbarn oder unseres Freundes zu sein. Wir sind wirklich einmalig und in dieser Einmaligkeit braucht uns das Große und Ganze auch hier auf der Welt. Je länger wir dieser Tatsache vermeiden ins Auge zu sehen, um – z.B. aus Angst vor fehlender oder verweigerter Anerkennung – nicht der oder die zu sein, als der oder die wir geboren wurden, desto vehementer werden wir darauf gestossen.
Menschen, die eine Krise durchlebt haben berichten darüber, dass sie der Weg aus der Krise führte, in dem sie auf ihre innere Stimme hörten und ihr Bedeutung, Zeit und Raum gaben. Ihr Maßstab hatte sich nun verändert. Sobald sie nach ihrem eigenen Maßstab lebten und ihrer eigenen inneren Stimme folgten waren sie erfolgreich und erfuhren große Anerkennung. Also das, wovon sie vorher geglaubt hatten, dass sie es nur bekommen könnten, wenn sie nach dem Maßstab der anderen Menschen bzw. der Gesellschaft leben würden. Der Unterschied jetzt war, dass sie in großer Freiheit handelten, denn sie fühlten sich nicht mehr abhängig von anderen, sondern wussten, dass ihre innere Quelle sie den richtigen Weg leiten würde. Auch, wenn auf diesem Weg einmal ‚ÄûFehler‚Äú gemacht werden, ist das nicht als Negativ zu werten, sondern vielmehr als Erfahrung, die uns in unserem Prozess, d.h. unserer Entwicklung weiter nach vorne bringt.
So denke ich, dürfen wir es als unsere persönliche Herausforderung annehmen unseren eigenen Zweifel zu überwinden und unsere innere Stimme als zuverlässiges Leitsystem anzuerkennen.
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